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Nietzsches Kantkritik und ihre Voraussetzungen

M. Kerkhoff

pp. 346-355

Ausgangspunkt sei die hermeneutische Aporie jeder Metakritik: Eine vorliegende Interpretation erneut einer Interpretation, unterwerfen heißt Gefahr laufen, entweder: naiverweise sich im Besitz des richtigen Verständnisses des kritisierten Autors (und seiner Kritik) zu wähnen, oder: gar beide Autoren, den kritisierten und den kritisierenden, besser verstehen zu wollen als sie es selbst je hatten tun können, nach der (gut hegelisch gedachten) Regel, derzufolge die Wahrheit eines Textes erst am Ende eines langen Prozesses von Auslegungen zu Tage tritt. Jenseits des Ideals der kongenialen Einfühlung und der Unbekümmertheit überhistorischen Besserverstehens bleibt nur der bewußte Sprung in den Zirkel, der Vorurteile und Endurteile miteinander vermittelt; ohne dies Sichbescheiden mystifizieren zu wollen, hat die Metakritik in ihm den Halt, der sie an dem triumphalen Glauben hindert, eine vorliegende Kritik mirnichtsdirnichts aus den Angeln heben zu können; ebensowenig wird sie dieselbe mit einem Objektivitatsanspruch heiligen wollen, der sie dem Verdacht der Yerdummung so wie so schon Dummer aussetzt. Der Metakritiker ist daher auch erhaben über die Meinung, man konne eine geistige Auseinandersetzung von einem neutralen Punkt aus, wie Zeus auf dem Ida, sozusagen objektiv beobachten und beschreiben: Als wäre nicht jede noch so harmlos sich gebende Paraphrase bereits bei der Auswahl des Darzustellenden in die Falle des Vorurteils gegangen!

Publication details

DOI: 10.1007/978-94-010-3099-1_31

Full citation:

Kerkhoff, M. (1972)., Nietzsches Kantkritik und ihre Voraussetzungen, in L. White Beck (Hrsg.), Proceedings of the Third international Kant congress, Dordrecht, Springer, pp. 346-355.

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