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Widerständige Glieder. Der Leib als politischer Standort

Hannover, 21 - 22 January 2021

Von den verschiedensten Autor*innen ist der Leib im 19. und 20. Jahrhundert zu einem politischen Ort erklärt worden: Feuerbach und Nietzsche kritisierten etwa die Unterdrückung des Leibes durch die christliche Moral, Marx und Engels kritisierten die Ausbeutung des Leibes der Arbeiter durch den kapitalistischen Produktionsprozess, einige Schüler*innen Freuds zogen aus den Theorien ihres Lehrers die Konsequenz, sich für eine sexuelle Befreiung einzusetzen, Feminist*innen stritten gegen die patriarchale Zurichtung des weiblichen Körpers, Homosexuelle gegen die Tabuisierung ihrer Sexualität etc. pp. Vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich dabei – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der erfahrenen faschistischen Politisierung des Leibes – mehr und mehr die Erkenntnis durchgesetzt, dass der Leib nicht einfach ein unschuldiger Ursprung ist, zu dem man in unproblematischer Art und Weise zurückkehren kann und sollte, sondern selbst das Resultat sozialer Kämpfe – eine Sichtweise, gegen die freilich auch eingewandt wird, dass sie jedwede vorgesellschaftliche Realität des Leibes leugnen und damit gerade die radikale Widerständigkeit des Leibes verkennen würde. Jüngst ist die Frage nach der Politizität des Leibes auch durch die Corona-Krise aufgeworfen worden: Lassen sich die aufgrund der Pandemie verordneten Schutzmaßnahmen mit an Foucault anknüpfende Theoretiker*innen wie Giorgio Agamben als Radikalisierung einer repressiven modernen „Bio-Politik“ verstehen? Oder handelt es sich um eine neue Form des politischen Respekts vor der Empfindlichkeit des Leibes?
Vor dem Hintergrund dieser Debatten wollen wir uns in dem Workshop der Frage widmen, inwiefern der Leib heute noch als eine kritische politische Konzeption betrachtet werden kann und, wenn ja, auf welche Weise sie über subversive Potenziale verfügt, die gegen ökonomische und ideologische Entfremdungsprozesse des Menschen in Stellung gebracht werden können. Das FIPH übernimmt die Kosten für An- und Abreise (Bahnfahrt 2. Klasse), Unterkunft und Verpflegung. Die Vorträge der Teilnehmer*innen können sich auf etwa 20 Minuten belaufen. Interessierte Teilnehmer*innen sollen uns bitte ein kurzes Abstract ihrer Vortragsidee schicken mit einem kurzen Lebenslauf. Beides zusammen soll nicht länger als zwei Seiten sein. Wir freuen uns über Ihre Bewerbungen bis zum 30. 9. 2020 an stephan@fiph.de und loos@fiph.de An diese Adressen können auch gerne Rückfragen gerichtet werden.

CFP is closedOriginal Call for Papers

Von den verschiedensten Autor*innen ist der Leib im 19. und 20. Jahrhundert zu einem politischen Ort erklärt worden: Feuerbach und Nietzsche kritisierten etwa die Unterdrückung des Leibes durch die christliche Moral, Marx und Engels kritisierten die Ausbeutung des Leibes der Arbeiter durch den kapitalistischen Produktionsprozess, einige Schüler*innen Freuds zogen aus den Theorien ihres Lehrers die Konsequenz, sich für eine sexuelle Befreiung einzusetzen, Feminist*innen stritten gegen die patriarchale Zurichtung des weiblichen Körpers, Homosexuelle gegen die Tabuisierung ihrer Sexualität etc. pp. Vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich dabei – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der erfahrenen faschistischen Politisierung des Leibes – mehr und mehr die Erkenntnis durchgesetzt, dass der Leib nicht einfach ein unschuldiger Ursprung ist, zu dem man in unproblematischer Art und Weise zurückkehren kann und sollte, sondern selbst das Resultat sozialer Kämpfe – eine Sichtweise, gegen die freilich auch eingewandt wird, dass sie jedwede vorgesellschaftliche Realität des Leibes leugnen und damit gerade die radikale Widerständigkeit des Leibes verkennen würde.
Jüngst ist die Frage nach der Politizität des Leibes auch durch die Corona-Krise aufgeworfen worden: Lassen sich die aufgrund der Pandemie verordneten Schutzmaßnahmen mit an Foucault anknüpfende Theoretiker*innen wie Giorgio Agamben als Radikalisierung einer repressiven modernen „Bio-Politik“ verstehen? Oder handelt es sich um eine neue Form des politischen Respekts vor der Empfindlichkeit des Leibes?
Vor dem Hintergrund dieser Debatten wollen wir uns in dem Workshop der Frage widmen, inwiefern der Leib heute noch als eine kritische politische Konzeption betrachtet werden kann und, wenn ja, auf welche Weise sie über subversive Potenziale verfügt, die gegen ökonomische und ideologische Entfremdungsprozesse des Menschen in Stellung gebracht werden können. Das FIPH übernimmt die Kosten für An- und Abreise (Bahnfahrt 2. Klasse), Unterkunft und Verpflegung. Die Vorträge der Teilnehmer*innen können sich auf etwa 20 Minuten belaufen. Interessierte Teilnehmer*innen sollen uns bitte ein kurzes Abstract ihrer Vortragsidee schicken mit einem kurzen Lebenslauf. Beides zusammen soll nicht länger als zwei Seiten sein. Wir freuen uns über Ihre Bewerbungen bis zum 30. 9. 2020 an stephan@fiph.de und loos@fiph.de An diese Adressen können auch gerne Rückfragen gerichtet werden.